Tierbefreiung: FaulenzA, Du bist vielen vielleicht zunächst als Musikerin bekannt, setzt Dich aber auch über die Musik hinaus auch als Aktivistin ein?
FaulenzA: Ja, ich mache vor allem viel Trans*aktivismus, in dem ich mich gegen trans*misogynie stark mache. ‚Trans*misogynie ist das Wort für Diskriminierung von Trans*Weiblichkeiten. Mit meiner Musik aber auch in Workshops, Vorträgen kläre ich über diese Themen auf.
TB: Du schreibst auch Bücher …
FA: Ja, 2017 habe ich das Buch ,Support your sisters not your cisters – Über Diskriminierung von Trans*Weiblichkeiten‘ [1] veröffentlicht in dem ich Menschen sensibilisieren möchte die nicht unbedingt selbst von trans*misogynie betroffen sind. Im Moment arbeite ich an einem neuen Buch ,Reclaim the stage‘ in dem es um das Empowerment von queeren Identitäten geht.
TB: Zu Deinem Aktivismus gehört es auch, Dich mit transfeindlichen Menschen auseinander zu setzen. Du hattest in der taz ein Streitgespräch?
FA: Ja, ich wurde im Spätsommer von der Taz angefragt bei einem feministischen Streitgespräch mitzumachen [2]. Das gehört zu der ‚passierte Tomaten‘ Reihe die Streitpunkte des heutigen Feminismus beleuchten wollte. Meine Gesprächspartnerin, oder sollte ich sagen ‚Gegnerin‘, stand noch nicht fest, wurde aber schnell gefunden: Manuela Schon von dem ‚Störenfriedas‘ Blog. Nichts gutes ahnend fragte ich einen Mitbewoni und erfuhr über ihre Ausrichtung als transmisogyn/transfrauenfeindlich und Sexarbeit-diskriminierendem Internetblog.
Schon der erste Artikel den ich mir ansah, erregte meine Übelkeit. Die Autorin (vermutlich eine cis Frau) lies sich darüber aus, dass es Trans*Weiblichkeiten verboten werden sollte Frauenklos benutzen zu dürfen. Zunächst erzählte sie von ihrem schockierenden Erlebnis als sie am Waschbecken einer öffentlichen Sanitäranlage war und dann ein ‚Mann in Frauenkleidern‘ den Raum betrat.
TB: Das ist ja eine (leider) verbreitete Rheotorik. Was entgegnest Du solchen Äußerungen und Ansichten?
FA: Woher will sie wissen ob die Person ein Mann ist, oder eine (trans) Frau?
Man kann ihr wohl zutrauen, dass sie das Schild liest und dann selbst am besten weiß auf welches Klo sie am ehesten passt.
Das Problem geht aber weiter, der Artikel argumentierte ‚Menschen mit Schwanz‘ seien auf dem Frauenklo nicht willkommen. Allerdings ist mir nicht klar woher sie und andere wissen wollen, was die Person in der Hose hatte? Da es Kabinen gibt, wird sie sich wolnicht am Waschbecken ausgezogen haben.
TB: Vermutlich nicht. Würde es denn Deiner Meinung nach davon abhängen ob die Person auf das Frauenklo darf?
FA: Nein, denn es gibt auch Frauen mit Penis. Unabhängig davon, welches Genital sie haben, sollten sie Frauentoiletten benutzen dürfen.
Nach meiner Recherche ist für die Störenfriedas ist ein Penis ‚eine potenzielle Waffe‘. So ein Quatsch. Der Mensch kann sich dafür entscheiden sich wie eine Waffe zu verhalten. Die Sozialisation spielt eine wichtige Rolle. Leider wird diesbezüglich oft behauptet Transfrauen hätten eine männliche Sozialisation. Dabei wird aber übersehen, dass Transfrauen auch vor ihrem Coming Out Diskriminierung erleben: den Druck sich anzupassen, Mobbing, Ausschlüsse, als falsch zu gelten. Wenn eine cis-privilegierte Frau sagt eine transweibliche Sozialisation wäre das gleiche wie eine männliche dann entbehrt das jeglicher Realität. Soetwas finde ich echt zum kotzen.
Laut Störenfriedas gebe es ein ‚Recht auf schwanzfreie Räume für Opfer sexueller Gewalt‘. Das heißt, wenn eine Peron ins Klo kommt die von der Autorin zufällig als transweiblich eingeordnet wird, denkt sie diese könnte ja einen Penis haben. Oder die Überlebenden werden durch bestimmte Merkmale den Täter erinnert der ihnen sexualisierte Gewalt angetan hat. Dadurch fühlt sie sich dann bedroht. Und deshalb wäre es ja nur folgerichtig dass vorsorglich alle trans Frauen aus Frauenräumen ausgeschlossen werden.
Wo ist denn da der Sinn? Werden dann auch cis Frauen ausgeschlossen, wenn sie den Störenfriedas zu ‚männlich‘ wirken?
Auch viele Transfrauen sind Opfer von sexueller Gewalt. Ich z.B. auch. Für betroffene Menschen ist es oft schwierig sich in öffentlichen Räumen sicher zu fühlen. Ob sie trans oder cis sind. Ich wünsche jeder Person, dass sie da eine gute Lösung für sich findet wie sie mit solchen Traumata umgeht. Das Ausschließen von trans Frauen (aus Frauenklos oder anderen Räumen) ist aber keine Lösung.
TB: Da hattest Du ja in der Vorbereitung schon einen guten Einblick in die Position Deiner Diskussions“partnerin“. War das Gespräch dann konstruktiver?
FA: In unserem Taz-Streitgespäch sagte M. Schon das sie eine andere Definition von ‚Frau sein‘ hätte als RadikalQuerfeministin*innen. Für sie sei eine trans Frau gar keine Frau sondern ein Mann. Sie definierte Frau-sein auf eine soziologische Weise die ich nicht verstanden hatte. Für mich ist eine Frau, wer sich als Frau definiert. Für cis Menschen ist das manchmal schwer nachvollziehbar und muss einfach akzeptiert werden.
Einer Transperson ihre Geschlechtsidentität abzusprechen ist nicht eine ‚andere Definition von Geschlecht‘ sondern schlicht trans*misogyne Diskriminierung.
Ich verstehe auch gar nicht warum sich manche cis Feministinnen so schwer damit tun. Ich akzeptiere cis Frauen doch auch als Frauen — ich bin sogar ok damit wenn cis Frauen Frauenklos benutzen. Es sei denn die labern da scheiße, so wie die Störenfriedas.
TB: Klar, denn das Klo ist ja für was anderes da als Scheiße zu labern – und da müssen sich auch cis Personen dran halten. Aber im Ernst, was hat es mit dieser ‚Feminismus‘-Strömung auf sich, die sich so vehement gegen die Inklusion von trans Identitäten wehrt?
FA: Die Störenfriedas und ähnliche Gruppierungen zählen sich zum sogennanten ‚Radikalfeminismus‘. Das ist eine sehr irreführende Bezeichnung. Denn tatsächlich sind sie weder radikal noch feministisch. Denn Feminismus muss sich gegen jede Unterdrückung richten. Antirassistisch, anti-transfeindlich, antikapitalistisch. ‚Feministinnen‘ a la Störenfrieda werden auch TERFs genannt: ‚trans exclusive radical feminists‘ [3]. Da TERFs aber nur so tun als wären sie feministisch gibt es inzwischen ein neues Wort dafür: FART ‚Feminism-Appropriating Reactionary Transphobe‘.
Diskriminierung ist keine legitime Meinung und ist nicht entschuldbar. Der Störenfriedas Blog sollte aus dem Netz genommen werden. ‚Radikalsfeminist*innen‘ sollten lieber ihre cis Privilegien reflektieren und sich mit ihrem eigenen Diskriminierungsverhalten z.B. Transmisogynie auseinandersetzen! Vielen Dank an Juliane Fiegler, von der TAZ.
TB: Gerade erschien dein viertes Album ‚Wunderwesen‘. Magst du un dazu was sagen?
FA:
Na klar. Es ist ein HipHop Album mit Punk Styl, politischen Texten, frechem Humor und den enialen Beats von LeijiONE. Es sind auch wieder tolle Gastrapperinnen mit dabei: Sookee, Finna, Haszcara, Carmel Zoum, Lady Lazy und Riva (von Anarchist Academy).
Es gibt auch Singer Songwriter Einflüsse zB mit melodiösen Hooks und gesungen Parts in den Rap-Strophen. Und ich spiele für viele Beats Gitarre und Akkordeon ein. Anke (Früchte des Zorns) spielt Geige, und Klavier und Flöte wurde live eingespielt.
TB: Was möchtest du mit deiner Musik?
FA: Ich verarbeite darin persönliche Themen. Damit nach außen zu gehen und sich nicht länger damit zu verstecken wirkt sehr bestärkend für mich. Auch, weil ichAnerkennung für meinen Mut bekomme und Feedbacks von Leuten die sich verstanden fühlen. Und andere mit ihrer Musik zu bestärken ist auch ein wichtiges Ziel für mich.
Zu verarbeiten hatte ich in den letzten beiden Jahren eine ganze Menge. Vier Gechlechtsangleichende Operationen hab ich durchführen lassen: Brustvergrößerung, 2 Genital OPs und eine Gesichtsfeminisierende OP. Nun mag ich meinen Körper endlich mehr und das gibt mir viel Selbstbewusstsein, Lebensfreude und Humor. Auf dem Album ist auch Dankeschön Lied für ihre Freund_innen die sie im Krankenhaus besucht haben.
TB: Auf deinem Blog schreibst du auch von psychischen Krisen, die du überstehen musstest. Thematisierst du das auch auf dem neuen Album?
FA: Ja. Die Ergebnisse der OPs waren toll, aber die Operationen selbst waren sehr anstrengend und auch die Zeit der Genesung. Auf meinem neuen Album rappe ich so offen wie noch nie über gesellschaftliche Tabu-Themen wie Ableismus und ‚psychische Krankheit‘. Ich erzähle von Borderline, Trauma und Depression und bringe diese ernsten Themen mit so viel Sensibilität, Stärke und Humor rüber dass sie den Zuhörer nicht niederschmettern sondern leicht mit ins Boot holen.
TB: in deinen neuen Songs merkt man auch viel von deinem sonstigen politischen Aktivismus. Welche Themen sind dir da wichtig?
FA: Ich kämpfe in meinen Liedern gegen Rassismus und für eine Welt wo alle Menschen leben können wo sie wollen. Ich greife Kapitalismus und Polizeigewalt an und rappt von Transfeindlichkeit und Sexismus. In dem Song ‚Für alle Lebewesen‘ rappe ich über Tierbefreiung. Auch das ist ein Herzensthema von mir. Ihr könnt ihn auf youtube hören.
TB:Warum hast du dein Album ‚Wunderwesen‘ genannt?
FA: Ich bin Straßenpunk die Bock hat mit meinem Publikum aufs Systhem zu rotzen. Ich bin aber auch ein kuscheliges Wunderwesen und eine glamouröse Prinzessin. Im Titelsong ‚Wunderwesen‘ erzähle ich von meiner vielseitigen Persönlichkeit, die ich gelernt habe wertzuschätzen obwohl ich damit nicht in eine Schublade passe. Mit meiner Musik möchte ich die Zuhörenden dazu einladen dass Wunderwesen in sich zu befreien und lieb zu haben.
TB: Vielen Dank für das Interview!
FA: Viele Dank, Alan für dein Interesse und solidarische Grüße an die Tierbefreiung! Danke liebe Lesenden und bis bals mal.
[1] A.d.R.: Zu deutsch etwa „Unterstützt Eure Schwestern, nicht (nur) Eure cis-schwestern“. Ersch. „edition assemblage“, März 2017. ISBN 978-3-96042-010-1.
[2] Podcast und Artikel auf taz.de.
[3] A.d.R.: Zu deutsch etwa „Trans ausschließende Radikalfeminist*innen“.